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Das AnliegenDie Erwachsenen neu im Blick

Steht ein Perspektivwechsel
in der Katechese an?

DT vom 23.12.2004

Von Hubert Lenz

Immer wieder hört man von Erstkommunion- und Firmkatecheten: „Ob es den Kin-dern/Jugendlichen viel gebracht hat, weiß ich nicht. Aber für mich selbst war die Vorbereitung auf jeden Fall ein Gewinn". Im Blick auf die Kinder und Jugendlichen sind solche Worte zweifellos bedrückend, im Blick auf die erwachsenen Katecheten selbst aber sehr aufschlussreich. Denn dieser Personengruppe, die meist als „kirchlich verbunden" gelten kann, hat die Auseinandersetzung mit Grundfragen des Glaubens und der Austausch mit anderen Erwachsenen persönlich „etwas gebracht". So sehr es bei der Erstkommunionvorbereitung um die Kinder geht, so sehr zeigt die Erfahrung doch auch, dass diese nicht die einzigen und vielleicht nicht einmal die größten Nutznießer der Katechese sind. Ein Tatbestand, der - zunächst gar nicht angezielt - für die Zukunft der Katechese aber durchaus wegweisend sein kann: Denn wir erleben landauf- landab, dass die Sakramentenkatechese als traditioneller Weg kirchlicher Sozialisation und Glaubensweitergabe oft nicht mehr zu einer nachhaltigen Beheimatung in der Kirche führt. Sie „scheint eher etwas von Sympathiewerbung zu haben oder von dem, was gelegentlich als ,biografische Ritendiakonie‘ bezeichnet wird", heißt es im kürzlich erschienenen Schreiben der deutschen Bischöfe „Katechese in veränderter Zeit" (Bonn 2004, Seite 12).

Als einen der entscheidenden Gründe für diese veränderte Situation nennt das Schreiben den weitgehenden Verlust des volkskirchlichen Milieus: „Zahlreiche gesellschaftliche Stützen, die früher eine selbstverständlich vererbte christliche Lebenspraxis sicherten und darin beheimateten, haben sich verändert oder sind weggefallen. So sind die Bedingungen für eine kontinuierliche religiöse Sozialisation - in Familie, Schule und Gemeinde - in der gegenwärtigen Situation nur noch eingeschränkt gegeben." (Seite 11f.) Darauf gilt es zu reagieren. Wir stehen heute nicht nur in finanziellen und organisatorisch-strukturellen Fragen, sondern auch im Bereich der Katechese in einer Zeit des Umbruchs und der Neuorientierung.

Abschied von ehemals bewährten Wegen

Die traditionellen Wege des Hineinwachsens in den Glauben, die bisher vor allem auf die Kinder- und Jugendstufe ausgerichtet und mit der Sakramenten-Vorbereitung verbunden waren, haben sich über Jahrhunderte bewährt und viele gute Früchte hervorgebracht. Begünstigt wurde dies nicht zuletzt durch die vielfältigen Verflechtungen zwischen Kirche und Gesellschaft. Ja, es war geradezu selbstverständlich, Christ zu sein. Das aber ist heute nicht der Fall. Und durch den Ausfall der gesellschaftlichen Stützen ist die Kommunion- und Firmkatechese völlig überfordert, wenn sie einer nachhaltigen Beheimatung im kirchlichen Glauben und Leben den Weg bereiten soll. Zweifellos in vieler Hinsicht eine schmerzliche Entwicklung. Aber öffnet diese Entwicklung nicht zugleich neu die Augen dafür, dass der Glaube eben nicht automatisch als Erbe weitergegeben und übernommen wird? Das Bischofsschreiben verweist auf Tertullian, der betont: „Christ wird man, man ist es nicht von Geburt an." Eine Wahrheit, die durch die lange Phase einer „christentümlichen Gesellschaft" (Seite 14) aus dem Blick geraten war.

Der Glaube mutiert vom Erbe zum Angebot

Der christliche Glaube besitzt heute keine selbstverständliche und automatische weltanschaulich-religiöse Meinungsführerschaft (mehr). Er mutiert vom Erbe zum Angebot. Eine Situation, die zutiefst verunsichert und auf die wir kirchlicherseits kaum vorbereitet sind. Manche versuchen, die eingetretene Entwicklung mit aller Macht aufzuhalten. Ein nicht nur fragwürdiges, sondern meist auch vergebliches Unterfangen, denn Druck bewirkt eher das Gegenteil. Aber es gibt auch ermutigende Erfahrungen. Nicht zuletzt die Reaktion der Katecheten bei der Kinderkatechese und die Erfahrungen etwa mit „Exerzitien im Alltag" zeigen doch, dass es im Kreis der regelmäßigen Kirchgänger durchaus theologisch-spirituellen Bedarf und Interesse an katechetischen Angeboten gibt. Nicht wenige in der Kirche suchen tiefer, und nicht wenige am Rand der Kirche suchen und fragen neu nach den Antworten des Glaubens. Die Kontakt- und Berührungspunkte zwischen diesem Suchen der Menschen und dem Angebot des Glaubens haben sich freilich gewandelt: „Wenn der Glaube kaum noch durch gesellschaftliche Sozialisationsträger vermittelt wird, wird das missionarische Zeugnis glaubwürdiger Chris-ten umso bedeutender" (Seite 13), heißt es im Schreiben der Bischöfe.

Damit kommen Erwachsene als Adressaten kirchlicher Katechese ganz neu ins Blickfeld. Wir stehen hier kurz vor oder schon mitten in einem Perspektiv- und Stellungswechsel. An die Seite der Katechese für Kinder und Jugendliche muss ein eigenes Angebot für Erwachsene treten, das - näher betrachtet - nicht nur etwas Zusätzliches ist, sondern eigentlich Zielpunkt und Richtschnur sein müsste. - Warum?

Für ein eigenes und breiter angelegtes Angebot kirchlicher Erwachsenenkatechese gibt es vielfältige Gründe:

Wenn die Sakramentenvorbereitung eher nicht zu einer nachhaltigen geistlichen Beheimatung in der Kirche führt, brauchen auch solche Menschen, die sich der Kirche verbunden wissen, Unterstützung damit ihr Glaube den Kinderschuhen entwachsen kann: Auch Erwachsene benötigen eine - natürlich ihnen gemäße - Hinführung zum persönlichen Gebet, zu einer lebendigen Feier der Sakramente, zu einem persönlichen und gemeinschaftlichen Umgang mit der Bibel und zu einem ihrem Leben und ihren Erfahrungen entsprechenden Vertrauen auf Gott.

Erwachsene ausdrücklich anzusprechen ist all dem voraus auch ein anthropologisches Gebot. Wenn zum Menschen wesentlich die Freiheit gehört, können Tradition und Sozialisation allein nie genügen, um eine je persönliche Aneignung des Glaubens zu initiieren. Freiheit bedeutet ja nicht nur und nicht zuerst Wahlfreiheit, sondern dem voraus Stellungnahme zu den Grundgegebenheiten des Lebens und damit auch zur Frage nach Gott. Für den religiösen Vollzug erfordert dies unter anderem, sich nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich auf Gottes Heilsangebot einzulassen - beziehungsweise nicht einzulassen. Freiheit heißt eben nicht, in unverbindlicher Schwebe zu bleiben. Sie ist ausgerichtet auf persönliche Entscheidung. Um sich aber wirklich entscheiden zu können, muss der Mensch zunächst Den kennen lernen, auf den er sich im Glauben vertrauend einlassen will beziehungsweise soll. Das heißt: Er braucht entsprechende Vor-Erfahrungen, das heißt Erfahrungsräume, die ihn als Erwachsenen ansprechen und ihm Inspiration, Information, Einübung und Vertrautheit mit dem Gott Jesu Christi vermitteln. Natürlich ist es gut, wenn es solche Vor-Erfahrungen bereits in der Kindheit gibt. Sie können manches erleichtern, aber sie genügen nicht.

Auch Jesus hat Seine Botschaft vornehmlich an Erwachsene gerichtet, sie in ihrer Freiheit angesprochen und ihre eigene Glaubensentscheidung gefördert und gefordert. Natürlich nahm Er die Kinder ernst, aber sie waren nicht die Hauptadressaten Seiner Katechese.

Das entspricht ganz der pädagogischen Erfahrung, dass für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen erwachsene Vorbilder von zentraler Bedeutung sind. Es ist Aufgabe der Erwachsenen, die Kinder in das Leben einzuführen - und nicht umgekehrt. Die Fragen der Kinder oder deren anstehende Vorbereitung auf die Sakramente können für Erwachsene ein Anstoß sein, sich neu und intensiver mit dem eigenen Glauben zu befassen. Die notwendige Hilfe dazu erhalten die Erwachsenen aber nicht durch Kinder, sondern durch andere Erwachsene. Und diese Hilfe darf sich auch nicht auf die Eltern-Rolle der Erwachsenen beschränken. Wenn Glaube nicht nur Kindersache ist, sondern Einladung und He-rausforderung an jeden Menschen, dann gilt es - nicht nur angesichts der vielen kinderlos Gebliebenen - Erwachsene als Erwachsene auf den Glauben anzusprechen, und nicht nur in ihrer Rolle als Eltern und Erzieher.

Die steigenden Zahlen erwachsener Taufbewerber zeigen an, dass in Zukunft Erwachsene - Getaufte wie Ungetaufte - vermehrt nach dem Glauben fragen werden. Bischof Wanke schrieb dazu in „Zeit zur Aussaat": „Ich habe die Vision einer Kirche in Deutschland, die sich darauf einstellt, wieder neue Christen willkommen zu heißen... Es wird in Zukunft Frauen und Männer geben, die - obwohl getauft, aber später nicht voll in die Kirche eingegliedert - das Verlangen haben, als Erwachsene diese „Einführung in das Christ-Sein" nachzuholen. Es gibt nicht nur Menschen, die die Kirche ... verlassen. Es gibt zunehmend auch Zeitgenossen, die nach dem ,Eingang‘ fragen ... Es ist entscheidend, wen sie in diesem Eingangsbereich treffen. Es wird wichtiger werden als bisher, wie sie dort empfangen werden." (Bonn 2000, Seite 36)

Mit der Neuordnung der Kindertaufe und der Wiederentdeckung des Katechumenats hat das Konzil bereits wichtige Weichenstellungen vorgenommen. So werden Säuglinge und Kleinkinder nicht mehr in einem fiktiven Gespräch nach ihrem Glauben gefragt (und die Paten geben dann stellvertre-tend die Antwort), sondern die Erwachsenen bekennen ihren eigenen Glauben. Die Taufe erfolgt dann aufgrund dieses Bekenntnisses und der damit verbundenen Bereitschaft, die Kinder in den Glauben einzuführen. Das ist nicht nur eine Neuformulierung der liturgischen Texte, sondern ein Perspektivwechsel, welcher ebenso wie die erneute Einführung des Erwachsenenkatechumenats zum Ausdruck bringen will, dass man nicht automatisch Christ ist, sondern sich je persönlich für den Glauben zu entscheiden hat.

Wenn dann die Botschaft des Glaubens mitten ins Herz trifft

Die Pfingsterzählung berichtet, dass Menschen durch die Verkündigung des Glaubens mitten „ins Herz" getroffen wurden. Diese das Leben verändernde („Umkehr"-)Erfahrung geschah nicht nur damals, sondern wird auch heute von Erwachsenen gemacht - zum Beispiel im Katechumenat, bei Glaubenkursen wie auch in vielen anderen Situationen. In einer durch und durch christlich geprägten Gesellschaft ist man in Gefahr, zu vergessen, dass diese Erfahrung keineswegs eine Randerscheinung oder Ausnahme darstellt, sondern eigentlich die christliche Grund-Erfahrung ist. Und sie hat Folgen: Wer den Schatz des Glaubens (neu) entdeckt hat, möchte diese Erfahrung auch anderen zuteil werden lassen. Das ist auch der Weg, auf dem jenes missionarische Bewusstsein wächst, das von den deutschen Bischöfen in den letz-ten Jahren immer wieder angemahnt wurde. Missionarisch sein lässt sich nicht verordnen. Wer aber ins Herz getroffen wurde und daraus Konsequenzen zieht, wird im Laufe der Zeit auch unweigerlich zum Zeugen.

Deshalb stellt sich die Frage, ob unsere Pastoral deutlich genug darauf ausgerichtet ist, „ins Herz zu treffen".

Und im Blick auf nicht wenige Gemeinden stellt sich leider die Frage, wo Menschen, die sich für den christlichen Glauben interessieren, die sich diesen als Erwachsene neu oder vertieft zu eigen machen möchten, Hilfe und entsprechende Kontakte finden. Im Schreiben der Bischöfe wird nun das Erwachsenenkatechumenat als Inspiration und Richtschnur für die Katechese aller Lebensalter bezeichnet. Nimmt man diese Aussage ernst, dann heißt das doch, dass die im Katechumenat erfolgende Einführung Erwachsener in einen lebendigen christlichen Glauben nicht etwas Besonderes und Außerordentliches darstellt, sondern eigentlich das (Mindest-)Anforderungsprofil für das Christsein benennt.

Menschen, die in der „normalen" Gemeinde leben und „mehr" suchen, sollten nicht leichtfertig als „elitär" etikettiert werden. Ihr Suchen ist normalerweise ernst zu nehmen - und vielleicht auch wegweisend. Nur lebendiger und überzeugter Glaube wirkt ansteckend und ist missionarisch. Leider gibt es im kirchlichen Alltag dafür noch zu wenig Angebote. Leitbild der Katechese ist doch immer noch sehr stark die Sakramentenkatechese für Kinder und Jugendliche sowie der schulische Religionsunterricht. Ein Umdenken, ein richtiger Perspektiv- und Schwerpunktwechsel tut Not - vom Kind beziehungsweise Jugendlichen hin zum Erwachsenen. Dies innerlich nachzuvollziehen und entsprechendes Neuland zu begehen, bedeutet zweifellos eine Herausforderung - für die Verantwortlichen wie für die Gemeinden.

Dabei können positive Erfahrungen ermutigen. Es gibt davon noch nicht genügend, aber doch schon eine ganze Reihe. Auch ich selbst kann nach zwölf Jahren Glaubenskursarbeit auf solche Erfahrun-gen verweisen (die vorausgehenden Überlegungen und die Erfahrungen mit dem „Vallendarer Glaubenskurs" sind unter anderem im Pastoralblatt Köln, Jg 56 (2004), Seite 367 bis 373 näher dargestellt). Und ich möchte ermutigen, sich auf „Wege erwachsenen Glaubens" einzulassen - die Mühe lohnt sich.

Der Autor ist Pallottiner und neben seiner Professur an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar für Philosophie und Evangelisierende Pastoral für Erwachsene vor allem in der Glaubenskursarbeit tätig.

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